Der alte Mann und die Mauern
Rolf Müller
„Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“ (Psalm 18,30). Das ist eine von vielen göttlichen Verheißungen in der Bibel. Es wäre uns freilich lieber, wenn da stehen würde: Der Herr wird alle deine Probleme lösen und die Mauer, die vor dir steht, niederreißen. Eine sofortige Hilfe ist doch das, was wir uns in der Regel erhoffen.
Der alte Mann weiß aus Erfahrung: Meistens bleiben die Mauern stehen. Die Konflikte mit dem Nachbarn lösen sich nicht in Luft auf. Der Chef wird nicht über Nacht freundlicher. Die Schmerzen quälen weiter. Die Kinder gehen noch immer Wege, die man nicht gut heißen kann.
Wir wünschen uns einen Gott, der uns alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumt; der die Mauern, die uns hindern, einstürzen lässt. Gott hat doch alle Macht! Warum handelt er nicht so, wie wir es uns wünschen?
Der alte Mann gibt zu bedenken, dass Gott einen Plan mit seinen Kindern hat. Seine Gedanken sind höher als unsere Gedanken. Der Herr möchte, dass wir dem Bild seines Sohnes gleich werden.
Das geschieht nicht automatisch auf Knopfdruck. Unsere alte egoistische Natur weigert sich, der neuen Gesinnung Jesu Platz zu machen. Im Leidensdruck lernen wir, in der Abhängigkeit von Gott zu leben. Mauern zeigen uns die Grenzen auf. Sie treiben uns in die Nähe unseres Herrn. Wir sollen uns an ihnen nicht unsere Köpfe einrennen.
Der alte Mann weiß, dass der Herr seinen Nachfolgern kein problemloses Leben versprochen hat. Er beseitigt nicht immer unsere Mauern. Aber er schenkt die Kraft, Schwierigkeiten auszuhalten und zu überwinden. Wir sind nicht alleingelassen. Der Herr ist da. Er behält den Überblick. Die schweren Zeiten im Leben lassen uns wachsen und reifen.
Mit Gottes Hilfe können Mauern durchbrochen werden. Hoffnung keimt auf. Der Blick nach oben bleibt uns erhalten. Durch Jesus Christus haben wir einen offenen Himmel. Wir haben Zugang zum Vater. Er weiß um uns, er kennt unsere Not, er hört uns. Wir werden von allen Seiten bedrängt, aber mit unserem Gott können wir über Mauern springen.