Unser Schöpfer-Gott urteilt anders!

Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast Mir Mühe gemacht mit deinen MissetatenJes. 43, 24

 

Wir sehen hier die Hauptursache, derentwegen weder unsere Frömmigkeit noch unsere Sünden etwas für unsere Begnadigung ausmachen. Im roten Meer des Blutes Christi sind sowohl unsere Verdienste als auch unsere Sünden ertränkt. Nachdem Gott Seinen eigenen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden dahingegeben hat, brennt Sein Liebeseifer um nichts mehr als um die Ehre des Sohnes. Und nachdem Gott die Not Seines Sohnes und Sein Geschrei von der Erde hinauf gehört hat, duldet Er nicht, dass irgendein Sünder sich selber des Himmels würdig machen will. Beachte darum die Worte: „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden!“ — „Arbeit!“ Höre! Seine Seele hat gearbeitet. Es hat den lieben Herrn Arbeit gekostet, uns von unseren Sünden zu erlösen und zu erretten.

 

Willst du sehen, was die Worte „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden“ bedeuten, so musst du Gethsemane und Golgatha betrachten. Das heilige Gesetz Gottes ist kein Scherz. Der Mensch, das arme Erdenwesen, wagt es, das Gesetz seines allmächtigen Schöpfers zu verachten und mit Füßen zu treten. Er nimmt Seine unzähligen Wohltaten an, tritt aber Seinen Willen und Seine Gaben in den Staub und liebt Ihn nicht über alles, sondern verachtet Ihn und dient den Götzen. Er fürchtet Ihn nicht über alles, sondern sündigt wohlgemut gegen Ihn; er verlässt sich nicht auf Ihn, sondern auf sich und andere; er liebt seinen Nächsten nicht wie sich selbst, sondern denkt nur an sein eigenes Bestes.

 

Ferner lebt er in allerlei Sünden und Lastern, in Ungehorsam, Zorn, Hass, Unzucht, Ungerechtigkeit, Lüge, Betrug usw.

 

Das alles mag unserer leichtsinnigen Natur ganz gering erscheinen, nicht aber dem heiligen Gott. Er urteilt anders. Das sehen wir an Christi Martergestalt. Das sehen wir, wenn Gottes eigener Sohn unsere Sünden trägt.

 

Er, der Starke, der Herrliche, fing an „zu trauern, zu zittern und zu zagen“ und Sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen. Ach du leichtsinniger Mensch! Wenn du dieses Wehklagen, diese Töne des Jammers in der Finsternis der Nacht in Gethsemane hörst und vernimmst, dass sie herkommen von dieser Majestät, von dem Allmächtigen, der mit einem Wort das Wetter beherrschte, Teufel austrieb, Tote auferweckte, die Schar zu Boden warf — müsstest du dann nicht ein wenig stillhalten und fragen, was es bedeutet, wenn solch ein Allgewaltiger in der Einsamkeit erschreckt wird, weint und jammert?

 

Gehe nicht so gleichgültig an dem Anblick vorüber, denn er geht dich an! Es ist dein Heiland. Er ist der, zu dem du im Gebete betest, den du im Tode anrufst und dem du einst im Gericht begegnen wirst!

 

Wenn du Ihn nun fragst, weshalb Er sich so abmüht, dann erhältst du die Antwort: Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden!“ Fragst du wiederum mit dem Propheten: „Warum ist denn Dein Gewand so rotfarben und Dein Kleid wie eines Keltertreters?“, so antwortet Er: Ich trete die Kelter allein und ist niemand unter den Völkern mit Mir. Nicht dass du um Mich gearbeitet hättest; Ich, Ich tilge deine Übertretungen um Meinetwillen.“

 

Siehst du deinen Heiland alsdann durch die Geißelhiebe so verwundet und zerschlagen, dass man „alle Seine Gebeine zählen könnte“, dann unterweist dich der Prophet: Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten.“ Siehst du Ihn schließlich die Strafe des Fluches am Holze erleiden, so unterweist dich der Apostel: „Christus hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da Er ward ein Fluch für uns; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jedermann, der am Holze hängt.“

 

Es ist dies von alters her bekannt, du weißt alles, was aber bedeutet es deinem Herzen? Bist du durch diesen Anblick erwacht? Wenn der Geist Gottes dir die Augen öffnet und dir die Martergestalt Christi erklärt, dann wird die Frage deiner Seligkeit ein ganz anderes Aussehen für dich erhalten. Du wirst sowohl zerknirscht als auch erquickt, ja „bettelarm, aber doch selig“ werden, und dann werden diese Worte eine ganz neue Kraft und Bedeutung erhalten: „Nicht, dass du um Mich gearbeitet hättest; Mir hast du Arbeit gemacht. Ich, Ich tilge deine Übertretungen um Meinetwillen.“

 

Aber wehe dem, der seinen Heiland in Martern und Qualen schauen kann und der dennoch in seinem Leichtsinn, im Dienst der Sünde und der Welt weiterleben will! Wehe dem, der ungestört in seinem Sündenleben verbleiben will, während sein Heiland für seine Sünden Blut schwitzt, für seine Lüste gegeißelt wird und zu seiner Versöhnung mit starkem Geschrei und Tränen am Kreuze stirbt! Wie wird es der frechen, unbußfertigen Welt ergehen, wenn dieses Blut einst über sie kommt? Wie wird es dir ergehen, der du Christi Leiden und Sterben immer gekannt und gefeiert hast, nie aber ganz mit Ihm vereinigt, Sein eigen werden und unter Ihm in Seinem Reiche bleiben und leben willst?

 

Dir, der du jährlich zum Gedächtnis Seines Todes kommst, Seinen Leib und Sein Blut empfängst, dann aber wieder zu deinen Lüsten und deinen leichtsinnigen Gesellschaften zurückkehrst — wie wird es dir ergehen?

 

„Denn so jene nicht entfliehen konnten, die das Gesetz des Mose brachen, sondern ohne Barmherzigkeit sterben mussten, was meint ihr, wie viel ärgere Strafe der verdienen wird, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Testamentes unrein achtet?“

 

Jesu, lehr mich recht bedenken

Deinen bittren, blut’gen Tod,

Deiner Leiden Angst und Not.

Hilf, dass ich mich möge senken

In Dein heil’ges, teures Blut;

Da wird alles wieder gut.

Hilf mir, dass ich mich mag scheiden

Von der Welt und ihrer List

Und bei Dir, o Jesu Christ,

Ewig, ewig mag verbleiben,

Dass ich mich in Dir nur freu’

Und Dein Kreuz mein Friede sei.

 

Aus ‘‘Tägliches Seelenbrot‘‘ von Carl Olaf Rosenius

(herausgegeben von LUTH. MISSIONSVEREIN SCHLESWIG-HOLSTEIN E.V. http://www.rosenius.de)