Otto Stockmayer

Bist du heimisch in der oberen Welt?

 

Welches Stimme zu der Zeit die Erde bewegte, nun aber verheißt er und spricht: "Noch einmal will ich bewegen nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel." Aber solches "Noch einmal" zeigt an, dass das Bewegliche soll verwandelt werden, als das gemacht ist, auf dass da bleibe das Unbewegliche. Hebräer 12,26-27

 

Wir sahen gestern, dass wir der Umwandlung von Himmel und Erde entgegengehen. Das Bewegliche soll verwandelt werden, auf dass da komme das Unbewegliche. Alles, was gemacht ist, muss erschüttert werden. Die Erde ist dazu gemacht, dass sie erschüttert wird, damit das Unerschütterliche komme. An Stelle der provisorischen Gestalt der Erde, wie sie jetzt ist, tritt dann die bleibende, ein neuer Himmel und eine neue Erde. Aber das geht nicht anders als durch die Krisen hindurch, von denen der Herr in seinen letzten Reden zu seinen Jüngern spricht.

 

Lassen wir uns doch durch diese ernste Tatsache daran erinnern, dass wir nur Zeltbewohner sind hier unten und uns kein festes Schloß bauen dürfen! Wir müssen uns lösen lassen von dem Beweglichen, damit wir nicht in dem Zusammenbruch mit untergehen. Gott macht es mit uns wie ein Adler mit seinen Jungen: er stöbert das Nest auf, auf dem sie sitzen. Ihr sollt keine Nestbewohner sein, ihr sollt eure Fittiche entfalten, ihr sollt durch die Weiten der Luft, durch die Räume eilen, ihr sollt der Sonne entgegenfliegen. Trachtet nach dem, das droben ist, da Christus ist! Wir sind Nester bauend, solange Gott uns nicht gelöst hat. Wer noch seine Häuslichkeit ausgestaltet, um darin ein bequemes Leben zu führen, ist noch nicht wirklich ein Jünger des Gekreuzigten geworden.

 

In solchen Zeiten der Krisen, wie die sind, die jetzt über die Welt hereinbrechen, werden die Existenzen auf der Waage des Heiligtums gewogen. Da wird es offenbar, wie weit wir eingegangen sind in die Fremdlingschaft des Glaubenden. Es ist Schonung, höchste Schonung, wenn Gott Gewalt braucht, uns aus unserem Nest herauszubringen, bis uns schließlich das Verziehen und Verschleppen vergeht. Lot wusste, dass Sodom dem Untergang geweiht war; aber er musste sich doch erst noch heraustreiben lassen.

 

Mache dich auf, Kind Gottes, schüttle den Staub von deinen Füßen, mache dich los von den Banden deines Halses! "Mache dich auf, mache dich auf, Zion! Zieh deine Stärke an, schmücke dich herrlich, du heilige Stadt Jerusalem!" (Jes. 52,1.2)

 

Die meisten Kinder Gottes sind Bastarde in dem Sinn, dass sie mehr der unteren als der oberen Welt angehören. Sie sind nicht heimisch in der oberen Welt, und die göttlichen Verheißungen sind keine maßgebenden, bestimmenden Kräfte für sie, unter deren Macht die Sichtbarkeit allmählich ihren Zauber verliert. Da muss man in Andachten und Privatbegegnungen immer wieder drängen und treiben, und die meisten gewöhnen sich auch daran, während nur einzelne tiefer eindringen in die Realität der ewigen Realitäten.

 

"Sehet zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet!" (Hebr. 12,25).

 

aus "Die Gnade ist erschienen" von Otto Stockmayer, Tag 29. Dezember