Dies ist ein Geheimnis für Gottes Kinder

Wir wissen aus bitterer Erfahrung um die Möglichkeit, von unserem Herrn abzuirren, aber auch darum, dass Er nicht ruht, bis wir wieder zu Ihm zurückgekehrt sind. Sicher, die Erlösung in Christus steht fest. Daran kann keine Macht im Himmel und auf Erden etwas ändern. Nach Johannes 10,28 kann niemand die Schafe aus seiner Hand reißen und sie gehen nicht verloren ewiglich.

Aber ebenso sicher ist die andere Seite der Wahrheit, dass die Schafe auf Ihn zu hören und Ihm zu folgen haben. Wer nicht gehorcht und wer abweicht, trägt nicht die Kennzeichen eines gesunden und normalen Schafes; es ist ungehorsam und befindet sich in Lebensgefahr. Die Garantie, sich nicht zu verirren, gilt nur für solche, die Ihm folgen und die nach einer Abweichung mit dem Bekenntnis ihrer Schuld wieder zu Ihm zurückkehren.

Das längste Kapitel der Bibel, der 119. Psalm, endet mit einem ergreifenden Vers: "Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf; suche Deinen Knecht, denn ich habe Deine Gebote nicht vergessen!" Hier spricht ein erfahrener Gläubiger, der vom Heiligen Geist inspiriert, in diesem kunstvollen Psalm in 176 Versen die Herrlichkeit des Wortes Gottes darstellt. Aber dieser Mann, der so nah bei Gott war, wusste auch, wie leicht man abirren kann. Ist es nicht ernst, dass er am Ende seines Liedes in ehrlichem Rückblick auf sein Leben bekennen muss: "Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf..."? 

Da waren Augenblicke und Zeiten in seinem Leben gewesen, in denen er eigene Wege gegangen und vielleicht in diese oder jene Sünde gefallen war...

Denk ein wenig über diesen Ausdruck nach: Ein verlorenes Schaf - welche Einsamkeit, welche Angst, welches Elend! Er war von Gott abgeirrt als ein verlorenes Schaf, aber jetzt war er ein gefundenes Schaf. Trotz seiner Weisheit und der ihm erwiesenen Gnade hatte dieser Dichter gesündigt. Und das sagt er am Ende seines Liedes, als ob es das Endergebnis gewesen sei. Hätte er diesen Schluss nicht besser weggelassen? Doch so kann nur der Heilige Geist schreiben und das Innerste unseres Lebens anrühren. Wir finden hier:

Elend - umherirren

Erlösung - gesucht werden

Dankbarkeit - gefunden und zurückgebracht werden.

 

Welcher Christ, der schon länger auf dem Glaubensweg ist, hat dies nicht selbst erlebt? Aber welch ein Schaden, welch ein Verlust ist es, vom Hirten abzuirren!

Als verlorenes Schaf hat er geweint und um Gnade geschrien. Leben ohne Ihn ist kein Leben!

Es muss heraus! Er will es ehrlich anerkennen. Nun hat er sein Abirren bekannt.

Er hat Vergebung empfangen.

Er sagt: "Suche Deinen Knecht!" Nicht: "Ich such Dich!" Denn alles muss von dem Hirten ausgehen. Ach, die Umkehr kommt nur durch sein Suchen. Alles ist Gnade. Jetzt will er nur noch Knecht sein und dem Meiser dienen.

Ein bekehrter Sünder, der Frieden fand,  hat Freude. Aber es ist nicht der tiefe und bleibende Frieden und die Freude eines Schafes der göttlichen Herde, das wiederhergestellt ist. Denn die Wiederherstellung ist nicht allein auf die Kenntnis des von Christus vollbrachten Werkes, sondern auf noch tiefere Erfahrung gegründet, die allerdings auf sehr beschämende Weise erlangt ist - Es ist die praktische Erkenntnis Christi, dieser wunderbaren Person, nicht allein als Retter, sondern auch als Hirten und Aufseher unserer Seelen.

Es gleicht der Rückkehr des verlorenen Sohnes, der trotz schrecklicher Sünden mit offenen Armen aufgenommen wurde. Doch tief in seinem Herzen hatte das Wort Gottes stets gemahnt: "Denn ich habe Deine Gebote nicht vergessen."

Jetzt aber ist alles wieder wunderbar gut. Er ist um eine tiefe Erfahrung reicher geworden und kann nun anderen erzählen, welche eine überwältigende Gnade und Liebe in dem Herzen Gottes ist!

aus dem Traktat "Mein Hirte" - VdHS Eschenburg

Wenn ich einmal soll scheiden,

so scheide nicht von mir.

Wenn ich den Tod soll leiden,

so tritt du dann herfür.

Wenn mir am allerbangsten,

wird ums Herze sein.

So reiß mich aus den Ängsten,

Kraft deiner Angst und Pein.

 

Erscheine mir zum Schilde,

zum Tod in meinem Tod.

Und lass mich sehen dein Bilde

in deiner Kreuzesnot.

Da will ich nach dir blicken ,

da will ich glaubensvoll

dich fest an mein Herz drücken.

 

Wer so stirbt, der stirbt wohl,

Amen.

Text: Paul Gerhardt